Anstatt Widerspruch gegen die Entscheidung der Kommunalaufsicht zu erheben, hat man sich auf eine Resolution der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, WfH und CDU der Stadtverordnetenversammlung geeinigt. Diese lautet wie folgt:
Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher Lassmann,
die Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, WfH und CDU der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Hadamar stellen folgende Resolution zur Abstimmung in der Sitzung am 03.07.2025 vor.
Resolution:
1) Die Kommunalaufsicht lehnt mit dem Schreiben vom 18.06.2025 den Antrag der Stadtverordnetenversammlung auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen die Erste Stadträtin Susanne Langel §75 Abs. 1 HGO ab.
Die Stadtverordnetenversammlung nimmt die Begründung der Kommunalaufsicht zur Kenntnis, weist sie jedoch aus den folgenden Gründen entschieden zurück.
1.1) Zwar stellt die Kommunalaufsicht des Landkreises Limburg-Weilburg ein fehlerhaftes Verhalten der 1. Stadträtin fest, die Begründung gegen die Einleitung eines Disziplinarverfahrens basiert jedoch auf einer einseitig positiven Einschätzung der Beweggründe von Frau Langel.
So wird der Ersten Stadträtin wohlwollend unterstellt, dass ihr aufgrund Ihres beruflichen Hintergrundes unter Umständen nicht bewusst gewesen sei, welche Verfahrensschritte verwaltungsseitig einzuhalten gewesen wären bzw. welche Behörden hätten eingebunden werden müssen. Darüber hinaus wird behauptet, dass aus den Unterlagen deutlich werde, dass Frau Langel die rechtliche Situation falsch eingeschätzt habe und daher sicherlich unbewusst die Grenzen Ihrer Befugnisse überschritten habe.
Die Stadtverordnetenversammlung kann dieser Begründung nicht folgen, da Frau Langel auf eine lange kommunalpolitische Erfahrung zurückblicken kann, u.a. als Fraktionsvorsitzende und Stadtverordnetenvorsteherin und mittlerweile seit vier Jahren als Erste Stadträtin. Ihr hätte das Ausmaß ihrer Verantwortung bekannt sein müssen. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass sie die notwendigen Verfahrensschritte bei der Bewilligung/Billigung des Verkehrsversuches auf der Mainzer Landstraße vorsätzlich übergangen hat.
Auch die Kommunalverwaltung verweist in ihrem gesonderten Schreiben darauf, dass man von einer Ersten Stadträtin die Grundkenntnisse des Verfahrensrechtes erwarten sollte. Falls sich Frau Langel auf fehlende Kenntnis berufen sollte, so kann man das Nichteinschalten der Fach- und Aufsichtsbehörden als grob fahrlässiges Verhalten bewerten.
Laut Kommunalaufsicht liegt ein grob fahrlässiges Verhalten vor, wenn einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder die nach Lage des Falles gebotene Sorgfalt in besonderem Maße außer Acht gelassen wurden. Dies ist im vorliegenden Fall geschehen. Daher stellt die Stadtverordnetenversammlung eine widersprüchliche Auslegung des Sachverhaltes durch die Kommunalaufsicht fest.
Frau Langel hat bisher zu keiner Zeit Einsicht in die Fahrlässigkeit ihres Verhaltens gezeigt. Es kann erwartet werden, dass sie, wenn sich die Möglichkeit ergeben sollte, auch in Zukunft zum einen in eigenem Interesse und entgegen den Beschlüssen der Stadtverordnetenversammlung sowie entgegen den rechtlich zu beachtenden Prozessen agieren würde.
1.2) Bei der Durchführung des Verkehrsversuches am 30.03.2025 waren einige Anwohner sowie ein weiterer Fraktionskollege von Frau Langel aktiv beteiligt. Diese können irrtümlicherweise davon ausgegangen sein, dass die Kenntnisnahme und Billigung durch Frau Langel, in ihrer Funktion als stellvertretende Bürgermeisterin, einer offiziellen Genehmigung gleichgekommen sei. Tatsächlich handelte es sich hierbei jedoch um eine nicht genehmigte Gefährdung des Straßenverkehrs und damit um eine Ordnungswidrigkeit.
Die Initiatoren des „Verkehrsversuches“ können aufgrund der milden und widersprüchlichen Bewertung durch die Kommunalaufsicht nicht zur Verantwortung gezogen werden, obwohl zumindest einzelne Beteiligte im Rahmen ihrer Profession als Verkehrsplaner, durchaus Kenntnis von notwendigen Verfahrensschritten hatten.
Zudem war der Ersten Stadträtin bekannt, dass sich der Magistrat zum Zeitpunkt des ordnungswidrigen „Verkehrsversuches“ noch in der Willensbildung befand. Durch die erteilte stillschweigende Genehmigung beförderte die als stellvertretende Bürgermeisterin agierende Erste Stadträtin eine Emotionalisierung des Sachverhaltes. Eine sachliche Auseinandersetzung und Bewertung des wichtigen Verkehrsprojektes Mainzer Landstraße wurde damit erheblich erschwert.
Das Vorgehen der Ersten Stadträtin untergräbt somit die öffentliche Ordnung und kann zu Nachahmungseffekten führen. Daran können wir kein Interesse haben.
1.3) Als Anwohnerin der Mainzer Landstraße ist Frau Langel direkt vom Vorgang auf der Mainzer Landstraße betroffen. Hier kann von einer Befangenheit in der Sache ausgegangen werden, was umso mehr die Beachtung der erforderlichen Behördeneinbindung erfordert hätte. Der sogenannte „Verkehrsversuch“ hatte auch zum Ziel, die Anliegergebühren beim Straßenausbau zu reduzieren, wovon Frau Langel als Anwohnerin der Mainzer Landstraße direkt profitieren würde. Dies widerspricht der Neutralität des Amtes, zu der sich Susanne Langel zu Beginn ihrer Amtszeit verpflichtet hat. Dieser Sachverhalt spielte in der Einschätzung der Kommunalverwaltung keine Rolle. Hier hätten wir eine kritischere Einordnung durch die Kommunalaufsicht erwartet.
Fazit:
Aus diesen Gründen teilt die Stadtverordnetenversammlung ausdrücklich nicht die wohlwollende Einordnung des Sachverhaltes durch die Kommunalaufsicht und erkennt darin grundlegende Widersprüche in der Auslegung des Sachverhaltes.
2) Das Verhalten der Ersten Stadträtin Susanne Langel hat dem ehrenamtlichen, kommunalpolitischen Engagement geschadet. Sie hat mit der Übernahme ihres Ehrenamtes die Pflicht zur Neutralität zum Wohle aller übernommen. Diese Neutralitätsverpflichtung wurde durch Frau Langel gröblich verletzt. Das in sie gesetzte Vertrauen wurde durch ihre Handlungen nachhaltig erschüttert. Bis heute kann keine Einsicht eines Fehlverhaltens vonseiten Frau Langels festgestellt werden. Daher stellen wir fest, dass die Grundlage einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen der Stadtverordnetenversammlung und der Ersten Stadträtin nicht mehr besteht.
Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Hadamar entzieht der Stellvertretenden Bürgermeisterin und Ersten Stadträtin Susanne Langel hiermit das Vertrauen für die weitere kommunalpolitische Zusammenarbeit.
Sollte die Resolution mehrheitlich angenommen werden, wird Herr Stadtverordnetenvorstehe Michael Lassmann beauftragt, diese als Antwort auf das Schreiben der Kommunalaufsicht dem Landkreis Limburg-Weilburg zukommen zu lassen.